Theater Fiesemadände

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Sagenhaftes Puppentheater - Carsten Dittrich im Porträt

Renchtaeler-Sagenfuehrungen-3_lg(1) 28 Mai 2024
Puppentheater fesselt nicht nur Kinder. Wer's nicht glaubt, sollte Carsten Dittrich aus Ettlingen spielen sehen. Der Profi gehört zum Figurentheater Marotte in Karlsruhe. Außerdem erweckt er bei Führungen im Albtal und Renchtal mithilfe von Puppen, Holzfiguren und anderen Gegenständen alte Sagen zum Leben.

Es ist schon dunkel in den Straßen Ettlingens, als sich Mirko Sommer von der örtlichen Stadtreinigung auf den Weg macht. Der Mann im roten Overall schiebt eine Schubkarre über die Fußgängerbrücke, die über das Flüsschen Alb führt. Er hat nicht nur sein Wägelchen dabei, eine ganze Gruppe von Menschen folgt ihm. Sie wollen Mirko Sommer begleiten, der heute mit einem Spezialauftrag aus dem Rathaus unterwegs ist: Er soll Geister aufsprüren.

Mirko Sommer alias Carsten Dittrich läft regelmäßig zu erlebnisreichen Sagenführungen durch Ettlingen im Albtal und Oberkirch, Oppenau und Lautenbach im Renchtal ein. Der diplomierte Puppenspieler hat dafür in seinem Wägelchen Handpuppen. Marionetten und andere Gegenstände verstaut, die er unterwegs zum Leben erweckt. So zieht er als Mirko Sommer durch Ettlingen von einer Station zur anderen. Und an jeder klappt er sein Wägelchen auf - fertig ist die Bühne, auf der er seine mit der Stadtverbunden Sage erzählt.

Carsten Dittrich (47) stammt aus Oberkirch im Schwarzwald, wo er sich schon 1987 an der "Jungen Bühne" beteiligte. "Ich spiele Theater, seit ich zehn Jahre alt bin, auch mit Figuren", erzählt er. Später ging er nach Berlin an die berühmte Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, an der es einen eigenen Studiengang für Puppenspielkunst gibt.

Heute kann Dittrich stolz auf ein 20-jähriges Berufsjubiläum blicken. Zurück im Schwarzwald hat er nämlich gleich sein eigenes Theater namens "Fiesemadände" gegründet und zahlreiche Stücke für Kinder und Jugendliche entwickelt. Sie werden on Tour an Schulen, in Bibliotheken und Stadttheatern gespielt.Zudem hat "Fiesemadände" inzwischen in Pforzheim in den Räumen des Figurentheaters "Mottenkäfig" eine regelmäßige Spielstätte gefunden. "Dort habe ich auch schon oft Regie geführt", sagt Dittrich. Mit dme von ihm geschriebenen und inszenierten Stück "Dracula - Tote leben länger" hat der "Mottenkäfig" 2023 dem "Lamathea" den Landesamateurtheaterpreis ds Kunstministeriums gewonnen.

Auch für seine erlebnisreichen Führungen im Albtal und Renchtal sucht Carsten Dittrich selbst nach alten Sagen und entwickelt über Monate hinweg Stücke  - gemeinsam mit dem Regisseur Harald Richter und dem Puppenbauer und Ausstatter Matthias Hänsel. Alle drei kennen sich vom Figurentheater "Marotte" in Karlsruhe, dem Carsten Dittrich ebenfalls schon seit 18 Jahren angehört. Dort tritt er in verschiedenen Stücken auf - oft auch im Abendprogram für erwachsene Publikum.

"Noch immer hat man als Puppenspieler keine so große Anerkennung", bedauert Dittrich, "und viele glauben, dass Figurentheater nur was für Kinder ist." Seine Zuschauer können sich vom Gegenteil überzeugen: Auf dem Spielplan des Karlsruher "Motte"-Theaters finden sich Stücke wie "Die Ritter der Kokosnuss", frei nach Monty Pythons witzigem Kultfilm, den die meisten Zuschauer kennen und lieben. Die Messlatte liegt bei einem solchen Stück natürlich hoch und man könnte krachend scheitern - nicht so Carsten Dittrich und seine Mitspieler. Sie lassen es ordentlich scheppern mit ihren Blechrittern und zeigen, dass sie auch diese Art zu blödeln perfekt beherrschen. Ihr Publikum amüsiert sich jedenfalls prächtig. 

Auch an den abendlichen Sagenführungen in Ettlingen nehmen vor allem Erwachsene teil. Bei einem seiner Stücke tritt der Geist einer Frau aif, die die Stadt besonders geprägt hat: Markgräfin Sibylla Augusta von Baden. Nachdem sie viele Jahre als kluge Politikerin gewirkt hatte, übergab sie die Regentschaft an ihren Sohn, ließ das Schloss Ettlingen umbauen und erweitern und bezog dort ihren Witwensitz. Carsten Dittrich spielt sie mit einer weichen Handpuppe - und einer energischen Stimme, die keinen Widerspruch duldet und mit der sie sein Alter Ego Mirko Sommer von der Ettlinger Stadtverwaltung zwar höflich, aber nachdrücklich herumkommandiert. Immer wieder mischt der Puppenspieler auch französische Wörter in die Sätze der gebildeten Adeligen, während diese im Schein der Fackeln von der Sage erzählt, wie die Martinskirche zu ihrem eisernen Ring kam.

Mirko Sommer alias Carsten Dittrich lässt bei seiner Führung außerdem kleine Puppenköpfe über die Bühne sausen. Mal schiebt er Scherenschnittfiguren hin und her. Mal spielt er mit einem überlebensgroßen Kopf, wie bei der Markgräfin Sibylla Augusta oder dem Bäckermeister Ignaz Mehlwurm, eine Figur, auf die er besonders stolz ist. "Mit der weichen, beweglichen Puppe kann ich auch seine Mimik darstellen", sagt Dittrich, "da schlüpfe ich rein - und ich bin es!"

Bei ihm werden aber auch Kerzen zu Nonnen, Gartenwerkzeuge zu Rittern und ein abgesägter Spazierstock zum Wanderer. Er spielt mit Watteknäueln, Kannen, Tassen und in der Weinstadt Oberkirch auch mit Weinflaschen. "Alles kann eine Figur sein", erklärt er. Seine Begleiter bei den Führungen können jedenfalls nur staunen, wie er scheinbar mühelos solche Gegenstände mit Leben füllt - und mit wie viel Humor und Wortwitz seine Stücke gespickt sind.

"Das Humorvolle ist meins", sagt Dittrich, der jenseits der Bühne zwar schlagfertig und um keine Antwort verlegen ist, aber alles andere als ein ständig blödelnder Mensch. "Ich schätze es auch sehr, wenn ich die Leute mit meinem Spiel berühren kann", fügt er hinzu. Als Beispiel nennt er das Wintermärchen  "Ist das Leben nicht schön?", eine von Carsten Dittrich frei nach Charles Dickens geschriebene und lebhaft erzählte Geschichte mit poetischer Musikbegleitung., die im vergangenen Dezember die Reithalle in Offenburg füllte. "Damit erreiche ich ein Publikum, das nie in ein Puppentheater gehen würde."

So kommt er beim Erzählen von einem Projekt aufs nächste - und der vielseitig talentierte Dittrich hat viel Fäden in der Hand. Er schreibt Stücke, spielt, liest und singt auf der Bühne. Er führt Regie im Figurentheater, aber auch beim Schauspiel. Da ihn das Fechten faszinierte, nahm er Unterricht an der Schauspielschule und arbeitet auch als Fecht- und Bühnenkampfchoreograph. "So kam es dazu, dass ich heute einer Ritterschaft in Pforzheim angehöre und bei Turnieren in Rüstung und Kettenhemd auftrete", sagt er und lacht, als fände er selbst diese Vorstellung komisch. In Workshops für Amateurtheater erklärt er außerdem, wie man eine Ohrfeige gibt, vom Stuhl oder gar eine ganze Treppe runterfällt. Ach ja, auch als Synchronsprecher für Computerspiele arbeitet er. 

Seine Führungen sind freilich analog und voll Fantasie. Eine Tour hat er auch speziell für Kinder entwickelt: "Die Jagd nach dem Ritterschatz", eine Art Mitmach-Krimi, für den er sich von den drei???" inspirieren ließ. Seine jungen Begleiter helfen ihm bei der Suche nach dem Täter, der wertvolle Museumsstücke geklaut hat. Wer allerdings denkt, es sei einfacher, für Kinder zu spielen, den belehrt Carsten Dittrich eines Besseren: "Sie sind das kritischste Publikum überhaupt und sagen es einem sofort, wenn es ihnen nicht gefällt."

 Mehr Informationen zum Stück
Claudia List, Schwarzwald Gäste-Journal


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